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Die Wahrheit über amphetaminartige Supplemente für Fettverlust und Leistung

Lesedauer: 5 Minuten
Aktualisiert am 05.12.22
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Inhaltsübersicht

„Bodybuilding ist ein intensiver Sport, dessen Mitwirkende ebenso intensiv sein können. Ausdauer ist erforderlich, um Zeiten der Erschöpfung und extremer Energiedefizite durchzustehen. Um die Leistung im Studio zu steigern und die Fettverbrennung zu verbessern, greifen viele Sportler in solch harten Zeiten zu Stimulanzien. Leider werden einige süchtig davon und nehmen sie regelmäßiger und zweckwidriger zu sich. Es ist diese übermäßige Aufnahme, die die Aufmerksamkeit der Medien für junge Menschen weckt, die Herz-Kreislauf-Probleme haben wie die Alten, einschließlich Herzinfarkt und Schlaganfall …

Koffein ist das meistverwendete leistungssteigernde Stimulans. Und wenn Koffein nicht ausreicht, gibt es noch stärkere Substanzen. Diese können legal oder illegal eingenommen werden, wobei die Grenze in einigen Fällen verschwimmt.

Amphetamine sind sogenannte „Kategorie II“-Medikamente, die zum Missbrauch führen und physisch wie psychisch abhängig machen können. Diese Medikamente werden von der US-amerikanischen Anti-Drogen-Behörde DEA beobachtet und sind verschreibungspflichtig. Sie wirken auf das zentrale Nervensystem und werden verwendet, um Patienten mit ADS Aufmerksamkeitsdefizitstörung), Schlafapnoe-bedingter Schläfrigkeit und Narkolepsie zu behandeln. Amphetamine werden traditionell auch zur Behandlung von Fettleibigkeit benutzt – aber darauf wird nicht mehr verwiesen, da sie das Risiko für Herzerkrankungen erhöhen. Neben rezeptpflichtigen Medikamenten und illegalen Drogen wie Chrystal Meth gibt es sehr wohl noch amphetaminähnliche Verbindungen, die in Produkten für Sporternährung auftauchen.

Amphetamine verändern die Neurotransmitter-Konzentrationen im Gehirn. Neurotransmitter wie Dopamin, Noradrenalin und Serotonin sind Chemikalien, die das Gehirn für die Kommunikationen zwischen den Zellen benutzt. Amphetamin ist ein Phenylethylamin-Derivat, das die Grundstruktur bildet, die zur Entstehung solcher Neurotransmitter beiträgt. Chemische Änderungen in der Phenylethylaminstruktur von Amphetamin führen zu vielen „amphetaminähnlichen“ Verbindungen mit den unterschiedlichsten Auswirkungen auf Körper und Geist. Die in sozialer Hinsicht giftigste davon – Methamphetamin – ist als Chrystal Meth bekannt. Die wichtigsten Gehirnsysteme, die von Amphetaminen betroffen werden, sind die Belohnungszentren (mesolimbisches System) und die kognitiven Zentren (mesokortikales System), die für Gefühle der Freude beziehungsweise Wachsamkeit sorgen.

In moderaten therapeutischen Dosen können Amphetamine die Reaktionszeit verbessern sowie für weniger Müdigkeit und mehr Kraft sorgen. Das kann jedoch seinen Preis haben – insbesondere bei übermäßigem oder illegalem Gebrauch. Wie bei jedem anderen Medikament können Nebenwirkungen auftreten. Diese sind am auffälligsten im Herz-Kreislauf- und Nervensystem. Bei höheren Dosen erhöhen Amphetamine die Herzfrequenz und den Blutdruck, lösen Hitzewallungen und Herzklopfen und im schlimmsten Fall Herzinfarkt oder Gehirnblutungen (Schlaganfall) aus. Bei empfindlichen Personen und mit höheren Dosen können Amphetamine Nervosität, Schlaflosigkeit, Verwirrung, Unruhe, Zittern, Stimmungsschwankungen und einen gefährlichen Appetitverlust verursachen. Zudem gewöhnen sich Körper und Geist an das Medikament und folglich eskalieren die Dosen, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Außerdem führt intensive Euphorie zu einem größeren Suchtrisiko.

Amphetamine für die Leistung

Amphetamine verringern bei Aufgaben, bei denen es auf die Ausdauer ankommt, nicht wirklich die Ermüdung – sie kaschieren sie nur. Das gilt für die meisten Stimulanzien, wenngleich es eine stärkere Fettmobilisierung zur Energiegewinnung geben kann. Durch die Stimulation des Geistes und der Euphorie-Zentren des Gehirns erscheint die wahrgenommene Anstrengung weniger intensiv und man verspürt weniger Beschwerden, die mit der Erschöpfung verbunden sind. Mit einer solchen Wirkung kann man auf Ausdauer basierende Aufgaben länger bewältigen. Die Auswirkung der Amphetamine auf den Geist führt außerdem zu einer besseren Konzentration und schnelleren Reaktionszeiten. Anaerobe Aktivitäten wie Krafttraining werden ebenfalls durch Amphetamine verstärkt. Das könnte an einer größeren Sensibilität des für Kontraktionen zuständigen Muskelgewebes gegenüber der Kalziumfreisetzung liegen.

Amphetamine für den Fettverlust

Im Allgemeinen verringern Amphetamine erheblich den Appetit. Für den fettleibigen Vielfraß mag das vorteilhaft sein; aber für den Sportler, der Nährstoffe für die Erholung benötigt, kann das kontraproduktiv wirken. Die amphetaminähnlichen Phenylethylaminderivate wirken selektiv auf die verschiedenen Neurotransmitter des Gehirns und zeigen somit unterschiedliche Auswirkungen auf die Nahrungsaufnahme. Medikamente, die Serotonin beeinflussen, scheinen die Fettaufnahme zu regulieren, während solche, die sich auf Noradrenalin auswirken, die Kohlenhydrataufnahme zu steuern scheinen.

Das Mittel Sibutramin für die Gewichtsabnahme ist ein Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, der strukturell mit Amphetaminen verwandt ist und auch eine thermogene Wirkung zeigt. Studien belegen, dass Sibutramin die Fettverbrennung und Wärmebildung durch die Aktivierung braunen Fetts stimuliert. Dexfenfluramin, ein anderes amphetaminähnliches Mittel, steigert die Fettverbrennung und den Fettumsatz aus den Speichern. Die meisten Stimulanzien des sympathischen Nervensystems erhöhen die Fettverbrennung auf diese Weise. Doch leider kann diese Aktivierung, wenn sie übermäßig oder auch unter einem Energiedefizit betrieben wird, zum Muskelabbau führen.

Designer-Supplemente

Kürzlich wurden von den Medien und der US-amerikanischen Arznei- und Lebensmittelbehörde (FDA) Produkte für die Zeit vor dem Workout sowie Fatburner genauer unter die Lupe genommen. In den meisten Fällen waren die negativen Auswirkungen dieser Verbindungen ein Resultat des exzessiven Gebrauchs von jenen Personen, die nicht glauben,
dass Dosierungsvorgaben auch für sie gelten. Das Dogma „Mehr ist besser!“ kann der Untergang eines aufstrebenden Bodybuilders sein. Außerdem riskieren Sportler, die verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel mit angereicherten Amphetaminen oder amphetaminähnlichen Verbindungen einnehmen, bei Sportereignissen mit Dopingtests disqualifiziert zu werden.

Da DMAA von der FDA ins Abseits befördert wurde, haben einige Supplement-Firmen DMAA durch andere Stimulanzien ersetzt. Im Fokus der Aufmerksamkeit steht nun Dendrobium-Extrakt. Dendrobium soll Phenylethylamin enthalten: eine natürliche Verbindung, die auch in Lebensmitteln wie Schokolade vorkommt. Phenylethylamin wird aus der Aminosäure Phenyalalin synthetisiert und in Neurotransmitter umgewandelt. Nach der Nahrungsaufnahme wird es jedoch schnell aufgespalten; und sofern es nicht chemisch modifiziert wird, gelangt es nicht in großer Menge ins Gehirn.

Wissenschaftler haben jetzt entdeckt, dass einige beliebte Supplemente mit Dendrobium-Extrakt Chrystal-Meth-ähnliche Derivate von Phenylethylamin-Derivaten namens N,alpha-Diethylphenylethylamin enthalten. Sie befürchten, dass dies keine natürlich auftretende Verbindung ist und ihre Dosierung nebst Auswirkungen noch nie am Menschen getestet wurden. Folglich wollen sie, dass die FDA diese Produkte aus den Regalen entfernen lässt. Die Hersteller erwidern, dass ihre Supplemente ungefährlich und wirksam seien. Also, wer hat recht?

Die Wahrheit ist: wir wissen es nicht! Solange es keine randomisiert angelegten Studien mit Placebo-Kontrollgruppen gibt, in denen die Sicherheit und Wirksamkeit der Extrakte in diesen Supplementen untersucht wird, werden wir ihre Auswirkungen auf den menschlichen Körper nicht verstehen. Tierversuche können etwas Einblick geben – aber das ist manchmal so, als würde man Äpfel mit Birnen vergleichen…

Viele Sportler, die Produkte mit diesen enthaltenen Stimulanzien zu sich nehmen, werden Ihnen von den erstaunlichen Wirkungen erzählen, die sie auf das Training, die Energie und den Fettabbau haben. Andererseits wissen dieselben Sportler tatsächlich nicht, ob nicht eine negative Wirkung in ihren Organen vor sich geht – bis es zu spät ist…

Sollten Sie bei Markteinführungen mit den Produktinformationen nicht zufrieden sein, nehmen Sie das Mittel nicht! Bleiben Sie bei den namhaften Herstellern, die sich Qualitätskontrollen leisten können und zu viel zu verlieren haben, sofern sie ein gefährliches Produkt auf den Markt bringen sollten.

Text von Victor R. Prisk
Foto von Per Bernal

Text mit freundlicher Unterstützung der Sportrevue

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