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Schädlich, hilfreich oder widersprüchlich?

Wir Bodybuilder wissen, dass Gemüse gut für Körper und Geist ist. Dennoch kennen wir eventuell nicht alle Gründe dafür. Vielleicht sorgt Gemüse einfach nur für die nötigen Vitamine und Mineralien für den Stoffwechsel und bietet Schutz durch Antioxidanzien. Vielleicht enthält es Ballaststoffe für die Dickdarmgesundheit, so dass man eine regelmäßige Verdauung hat. Doch es sind nicht nur die Vitamine oder Ballaststoffe, auf die Sportler Wert legen sollten: Grünes Blattgemüse und die Wurzeln desselben sind reich an anorganischem Nitrat!

Mehrere Studien haben gezeigt, dass eine Ernährung, die viel grünes Gemüse enthält, gesund für das Herz-Kreislauf-System und den Blutdruck ist. Eine der Annahmen dafür ist, dass grünes Blattgemüse viel anorganisches Nitrat enthält, das als Substrat zur Herstellung des Blutflusses wirkt und die Produktion von Stickstoffmonoxid (NO) fördert. NO ist ein Verstärker der Durchblutung und der Herz-Kreislauf-Funktion, wie Sie wahrscheinlich von all den NO-Supplementen wissen, die man vor dem Workout nehmen kann, um einen Pump sowie Vaskularität zu bewirken. Falls Sie je ein NO-Supplement ausprobiert haben, wissen Sie aus erster Hand, dass sie wirklich funktionieren…

Neben Arginin enthaltende NO-Supplemente gibt es zunehmend neue Daten, die die Verwendung direkterer Stickstoffquellen wie Nitrat als anorganischen NO-Spender bekräftigen. Zu nitratreichem Gemüse gehören Spinat, Blattsalat, Sellerie und Rote Bete. Diätetisches anorganisches Nitrat in Obst und Gemüse kann auf Nitrit und Stickoxid reduziert werden. Man hat sogar die Verwendung von Salzen von Nitraten und Nitriten wie Salpeter oder Kaliumnitrat thematisiert. Hier sei jedoch Vorsicht geboten! Auch wenn Nahrungsnitrat relativ ungefährlich und ungiftig ist, ist Nitrit nicht so sicher. Tatsächlich beträgt die Toxizität von Nitrit – gemessen als LD50 (das heißt, dass 50 Prozent der Menschen an dieser Dosis sterben) – 100 bis 200 Milligramm pro Kilo Körpergewicht, was es vergleichbar mit dem Giftgehalt von Cyanid macht! Zu beachten ist, dass die Nitrat-Dosis, die anscheinend zur Leistungsverbesserung beiträgt, etwa zwischen 300 und 500 Milligramm liegt und viel niedriger ist als jeder toxischer Wert von Nitrit. Zum Beispiel können 100 Gramm Spinat für mehr als 200 bis 300 Milligramm Nahrungsnitrat sorgen.

NO hat viele Auswirkungen auf die Stoffwechselfunktion der Blutgefäße und Muskulatur. Studien deuten darauf hin, dass eine Nahrungsergänzung mit Nitrat die Stoffwechsel- und Gefäßregulation der größeren, krafterzeugenden FT-Muskelfasern verändern könnte. Bei Mäusen haben Erhöhungen des diätetischen Nitratgehalts die Rate der kontraktilen Kraftentwicklung in den FT-Fasern erheblich gesteigert. Erst kürzlich hat man festgestellt, dass dies auch beim Menschen der Fall sein kann.

Die Untersuchung der Muskelfunktion bei FT-Fasern ist eine kleine Herausforderung. Muskelfasern werden nach Größe und Kraft der Faser rekrutiert („Größenprinzip“). Wird
das Gewicht erhöht, erhöht sich auch der Anteil dieser größeren Muskelfasern im Einsatz. Wenn man nur das Gewicht seines Einer-Maximums auf die Hantel schiebt und versucht, die Auswirkungen eines Supplements auf die Muskelfunktion zu untersuchen, bleibt sehr wenig Zeit, die Ausdauer der FT-Fasern zu beurteilen. Daher haben Wissenschaftler einen Test entwickelt, bei dem die Arbeit von den ST-Fasern auf die FT-Fasern übergeleitet wird. Das wird in Form eines Trainings mit moderater Intensität wie Radfahren durchgeführt, und danach geht man zu hochintensivem Training wie Radfahren mit zusätzlichem, fast maximalem Widerstand (zum Beispiel in Form von Sprints) über.

Englische Forscher haben solch ein Trainingsprogramm durchführen lassen, um die Auswirkungen einer kurzfristigen Nitrataufnahme in Form von Rote-Bete-Saft auf die Muskelfunktion der FT-Fasern zu untersuchen. Die Probanden waren im Schnitt 30 Jahre alt, und man verglich nitratreichen Rote-Bete-Saft mit einem nitratdezimierten Rote-Bete-Saft-Placebo in einer randomisierten Doppelblindstudie nach dem Crossover-Prinzip.

Die Testpersonen wurden angewiesen, sechs Tage lang täglich insgesamt 140 Milliliter Rote-Bete-Saft zu trinken. An den Testtagen sollten sie den Saft mindestens zwei Stunden vor dem Trainingstest trinken, da sich die Spitzenwerte von Nitrit etwa zweieinhalb Stunden nach der Aufnahme einstellen. Zu beachten ist, dass die Forscher empfahlen, vor dem Safttrinken kein Mundwasser zu benutzen, um der Bedeutung der Mundbakterien beim Nitratstoffwechsel gerecht zu werden.

Die Supplementierung mit Rote-Bete-Saft führte zu einem besseren Durchhalten des Intensivtrainings und zu einer besseren Abwicklung des Sauerstoff-Stoffwechsels als mit
nitratdezimiertem Rote-Bete-Saft. Diejenigen mit dem nitratreichen Saft hielten beim hochintensiven Sprint länger durch als jene, die das Placebo getrunken hatten. Der Vergleich mit dem nitratdezimierten Rote-Bete-Saft ist ein wichtiger Aspekt dieser Studie, da Rote-Bete-Saft noch andere leistungssteigernde Verbindungen enthält: Sie kennen vielleicht Betain. Betain und Polyphenole wie Resveratrol, die im Rote-Bete-Saft enthalten sind, zeigen beide positive Auswirkungen auf die Trainingsleistung. Diese und andere Studien haben jedoch gezeigt, dass nitratdezimierter Rote-Bete-Saft anscheinend nicht die Leistung bei Ausdauertätigkeiten oder Sprints verbessert.

Bodybuilder haben schon lange erkannt, dass NO-fördernde Supplemente die Trainingsresultate verbessern. Viele dieser Produkte setzen auf Arginin und Citrullin als Wegbereiter für die Stickoxidsynthese. Neuere Daten bekräftigen jetzt, dass diätetische Nitratquellen auch effektiv sein können, um Leistungsanpassungen an das Training zu verbessern. Es scheint, als hätten Ihre Eltern doch die ganze Zeit recht gehabt: Essen Sie Ihr Gemüse! Oder trinken Sie wenigstens Ihren Rote-Bete-Saft. Ich denke, jemand müsste mal einen mit Molkeprotein versetzten Rote-Bete-Saft-Cocktail kreieren! Ich würde diesen vor meinen Workouts trinken…