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Knochen hoch für mehr Muskelmasse

Lesedauer: 5 Minuten
Aktualisiert am 29.08.22
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Inhaltsübersicht

Die meisten Sportler, die Gewichtstraining betreiben, suchen nach einem Wettbewerbsvorteil zur Leistungssteigerung – ob nun mehr Muskelmasse und Kraft oder einen schlankeren, definierteren Körper. Ein besseres Verständnis der vielen unterschiedlichen Arten der Trainingsanpassung beim Gewichtstraining kann genutzt werden, um Trainingsresultate positiv zu beeinflussen. Leider zielen die meisten Trainingsvarianten auf offensichtlichere Aspekte wie Muskelgewebe oder Körperfett ab und lassen andere Bereiche eher unberücksichtigt. Zwar ist die direkte Fokussierung des Trainings auf Muskeln und Fett sehr wichtig, doch sind das nicht die einzigen körperlichen Bestandteile, die vom Widerstandstraining profitieren. Weniger bekannt, aber sehr bedeutend ist die Auswirkung, die das Training auf die Knochendichte hat.

Die Knochen befinden sich in einem ständigen Auf- und Abbau, was als Knochenumbau bezeichnet wird. Chemische Signale steuern bestimmte Knochenzellen, sogenannte Osteoblasten und Osteoklasten, um das Knochengewebe auf- respektive abzubauen. Der Knochenumbau wird durch eine Vielzahl von Faktoren reguliert – einschließlich der körperlichen Beanspruchung durch Gewichtstraining, das die Knochen anregt, mehr Dichte aufzubauen. Das macht Gewichtstraining zu einer die Knochen stimulierenden Aktivität.

Während die meisten Menschen den positiven Einfluss des Gewichtstrainings auf die Knochendichte als einen Vorteil für alternde Menschen abtun (denn im Alter beginnt sich die Knochendichte normalerweise zu verringern), ist sie auch für jüngere Menschen sehr nützlich. Insbesondere angesichts der zahlreichen Forschungen, die beweisen, dass eine erhöhte Knochendichte größere Muskeln und mehr Kraft fördert.

Diese Forschungsberichte zeigen, dass die Ansicht, der Knochen sei lediglich ein inaktives Teil, das im Körper nur stützende und schützende Funktionen erfüllt, falsch ist. Tatsächlich hat sich das Skelett als ein endokrines Organ entwickelt mit der Fähigkeit, ein Hormon abzusondern, das die Testosteron- und Insulinproduktion antreiben kann. Darüber hinaus haben Studien gezeigt, dass die Sekretion dieses Hormons als Reaktion auf Gewichtstraining und die Einnahme einiger gut bekannter Supplemente verstärkt wird.

Gewichtstraining sollte also, während man diese Nahrungsergänzungsmittel anwendet, in einzigartiger Weise die Skelettdichte erhöhen; was nicht nur größere Unterstützung für mehr Muskeln bedeutet, sondern diese auch stimuliert.

Größere Knochen sorgen für mehr Testosteron

Man hat auch festgestellt, dass das Knochenwachstum durch die von den Gonaden abgeleiteten Steroidhormone Östrogen und Testosteron reguliert wird. Die Steuerung des endokrinen Systems wird oft von Rückkopplungsmechanismen reguliert, die eine Hin-und-Her-Kommunikation erfordern. Daher deutet die Fähigkeit der Gonaden (die Teil des endokrinen Systems sind), Signale zu senden, die die Knochenmasse steuern, darauf hin, dass die Knochenzellen eine Rückmeldung an die Gonaden geben und damit auf deren Funktion einwirken. Genauer gesagt bedeutet das, dass die Knochen die von den Gonaden produzierten männlichen Geschlechtshormone wie Testosteron beeinflussen. Das heißt, das Knochengewebe spielt eine unmittelbare Rolle bei der Förderung des Muskelwachstums.

Den ersten Beweis für diese Hypothese lieferten Studien, die zeigten, dass ein von Osteoblasten sezerniertes Molekül die Testosteronproduktion in isolierten Leydig-Zellen (Hodenzellen) erheblich steigern konnte. Interessanterweise war die Wirkung dieses von Osteoblasten abgeleiteten Moleküls auf Männer beschränkt. Die Testosteron- oder Östrogensekretion bei Frauen stimulierte es nicht.

Erst vor Kurzem wurde diese Testosteron erzeugende, von den Osteoblasten sezernierte Verbindung als das von den Knochen gebildete Hormon Osteocalcin erkannt. Weitere Forschungen zeigen, dass Osteocalcin tatsächlich die Testosteronproduktion steigert, indem es sich an einen Rezeptor bindet, der innerhalb der Membran der Leydig-Zellen eingebettet ist und dort mehrere Signalkaskaden auslöst, die die Testosteronsynthese in Gang setzen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass Osteocalcin unabhängig von dem normalen Testosteron erzeugenden Signalweg auslöst, bei dem die Aktivierung des Luteinisierenden Hormons (LH) für die Testosteronausschüttung mitwirkt. Dies zeigt die Existenz einer zweiten endokrinen Achse an, bestehend aus Knochen und Osteocalcin. Und das deutet darauf hin, dass eine optimale Knochendichte die normale, mittels LH ausgelöste Testosteronproduktion ergänzt und somit schließlich größere Mengen von Testosteron erzeugt.

Bis jetzt haben Studien noch nicht die gleichen Wirkungen von Osteocalcin am Menschen gezeigt, wie sie zuvor im Labor entdeckt wurden. Jedoch bestätigte eine Studie von italienischen Forschern indirekt einen Zusammenhang zwischen Osteocalcin und Testosteron bei Menschen. Es zeigte sich, dass übergewichtige Männer mit großem Körperfettanteil auch einen niedrigeren Testosteronspiegel hatten. Während der Zusammenhang zwischen Übergewicht und wenig Testosteron bereits bekannt ist, fanden die Forscher noch heraus, dass die Männer mit großem Körperfettanteil auch weniger Osteocalcin in ihrem Blut aufwiesen. Das bedeutet: Osteocalcin hat bei Männern tatsächlich einen Einfluss auf Testosteron.

Knochen lösen die Insulinausschüttung aus

Insulin ist wohl das anabolste Hormon im menschlichen Körper. Es kann die Muskelproteinsynthese drastisch erhöhen und das Muskelwachstum fördern. In mehreren wissenschaftlichen Untersuchungen wurde gezeigt, dass Osteocalcin die Funktionsweise von Insulin beeinflusst – wobei das im Knochen gebildete Osteocalcin eine größere Insulinfreisetzung aus den Betazellen der Bauchspeicheldrüse auslöste, während es auch eine größere Insulinsensibilität im peripheren Gewebe, einschließlich des Muskelgewebes, förderte. Dieser Einfluss von Osteocalcin auf die Insulinfunktion – insbesondere im Muskelgewebe – ist ein weiterer Beleg für die wichtige Funktion des Skelettsystems für die Erzeugung eines anaboleren Umfelds und die Förderung des Muskelwachstums.

Vitamin D und Resveratrol für mehr Osteocalcin und Testosteron

Wie bereits erwähnt, wurden einige Verbindungen entdeckt, die die Osteocalcinproduktion fördern. Die erste dieser Verbindungen ist Vitamin D – ein fettlösliches, steroidähnliches Vitamin, das viele verschiedene Prozesse wie zum Beispiel die Absorption und den Stoffwechsel von Kalzium und Phosphor erleichtert und somit die Knochengesundheit unterstützt. Außerdem erhöht Vitamin D direkt die Expression mehrerer Testosteron produzierender Gene, wodurch die Testosteronproduktion gesteigert wird. Und erst kürzlich fand man heraus, dass Vitamin D die Osteocalcinsynthese auslöst – was einen weiteren möglichen Mechanismus von Vitamin D darstellt, um Testosteron zu regulieren.

Eine weitere Osteocalcin erzeugende Verbindung ist Resveratrol. Neben seiner Fähigkeit, die Osteocalcinproduktion anzutreiben, steigert Resveratrol auch die Sekretion von Testosteron, indem es die Aktivität des Enzyms Aromatase blockiert. Da das Aromatase-Enzym durch die Umwandlung von Testosteron in Östrogen das Testosteronniveau verringert, erzeugt Resveratrol, eben weil es die Aromatase-Aktivität blockiert, unmittelbar mehr Testosteron.

Während Vitamin D und Resveratrol die Testosteronproduktion durch verschiedene Mechanismen anregen, scheint ein Prozess auch der zu sein, indem sie die Osteocalcin-Freisetzung auslösen. Das könnte ein neuer Weg sein, mehrere unterschiedliche Signalwege der Testosteronproduktion gleichzeitig zu beeinflussen – und damit schließlich den Testosteronspiegel für größeres Muskelwachstum zu maximieren.

Trainieren für eine bessere Knochendichte

Vor ein paar Jahren werteten Forscher Daten aus, die sich im Laufe der letzten 50 Jahre angesammelt hatten, um herauszufinden, ob das Training einen Einfluss auf die Knochendichte hat. Sie entdeckten zwei wesentliche Trainingseigenschaften, die die Knochendichte am effektivsten erhöhten und – angesichts der Fähigkeit der Knochen, die Testosteron- und Insulinfunktion zu fördern – die Trainingsmethoden darstellen, die eine bessere Knochendichte und Muskelhypertrophie fördern. Die erste Trainingseigenschaft beinhaltete die Geschwindigkeit, mit der die Belastung oder die Kraft auf den Knochen ausgeübt wurde. Und zwar bei Übungen, die schnell Kraft erzeugen und den meisten positiven Einfluss auf die Knochendichte haben. Ein typisches Beispiel für diese Art von Übungen sind Springen oder plyometrisches Training, bei denen die Aufprallgeschwindigkeit sehr hoch ist. Die zweite Eigenschaft betraf das Ausmaß der trainingsbedingten Kräfte auf die Knochen – wobei größere Kräfte eine größere Knochenbildung stimulieren. Das beste Beispiel dafür ist hochintensives Gewichtstraining.

Text von Dr. Michael J. Rudolph
Foto von Gregory James

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