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BamBam´s View – Internetbodybuilding

Lesedauer: 5 Minuten
Aktualisiert am 02.08.10
Bodybuilding im Internet
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Inhaltsübersicht

Das Leben als Bodybuilding-Anfänger könnte so einfach sein. Man sucht sich einen Trainer, der sich die Zeit nimmt, um die aktuelle Situation zu analysieren, betrachtet dabei Stärken und Schwächen, sowohl in der körperlichen Entwicklung als auch der Ernährung – und der Trainer bastelt am Ende aus allen Informationen ein Trainings- und Ernährungskonzept für die nächsten Wochen, bei dem man sicher sein kann, dass man damit super Fortschritte machen wird. Um die Motivation zu steigern, wird vielleicht noch die eine oder andere Zielmarke gesetzt, die in einer gewissen Zeit zu erreichen ist, und in den nächsten Wochen kontrolliert man in regelmäßigen Abständen, wie es läuft, nimmt mit dem Trainer die eine oder andere kleine Änderung vor und bleibt auf diese Weise auf Kurs, wenn man nur genug Disziplin und Durchhaltevermögen mitbringt. Wie bereits gesagt: Das Bodybuilding könnte so einfach sein – gäbe es da nicht das Internet.

Das World Wide Web bietet heutzutage Hilfe in jeder Lebenslage, egal ob es der Partnerfindung, dem Lernen (und Abschreiben) für Schule und Universität, der Beschaffung von Musik, Filmen und Pornographie oder einfach nur der Information der Geschehnisse in der ganzen Welt dient, im Internet findet man praktisch alles. Und, wie sollte es anders sein, das Internet ist selbstverständlich auch ein ständig wachsender Quell von Informationen zum Thema Bodybuilding und Kraftsport. Neben den eher inhaltslastigen Seiten, die vor allem in Artikelform Wissen verfügbar machen wollen, spielen dabei die Internetforen zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch eine ganz besondere Rolle. Gab es vor zehn Jahren im gesamten deutschsprachigen Raum nur ein solches, das altehrwürdige und längst verschwundene „Bodybuilding 2000-Forum“, so tummeln sich heute Dutzende am Markt. Es gibt viele kleinere Foren, die oftmals keine lange Lebensdauer haben, aber auch einige Platzhirsche mit Benutzerzahlen, die weit über 100.000 liegen, und in denen es zugeht wie in einem Taubenschlag. Hier wird alles diskutiert, egal ob es die neuesten Trainingsysteme, besten Ernährungsweisen, effektivsten Supplements oder, wenn auch nicht bei allen, die richtige Anwendung von Dopingmitteln sind.

Genau in der Masse an Informationen liegt aber das Problem. Besonders Anfänger, die sich über Möglichkeiten informieren möchten, wie sie ihr Training oder ihre Ernährung verbessern können, werden von diesem Wust geradezu erschlagen. Dies passiert umso leichter, als ein Anfänger nicht das Wissen haben kann, um aus den vielen Informationen das für ihn Nützliche und vor allem Richtige zu selektieren.

Nun könnte man meinen, dass man sich einfach an die erfahrenen User eines solchen Internetforums hält, doch woher soll man wissen, wer wirklich Erfahrung besitzt? Am hinterlegten Userprofil? Kaum, da in den meisten Fällen hier um etliche Zentimeter Umfang, Kilogramm oder Körperfettprozente geschummelt wird, wenn ein solches Profil überhaupt vorhanden ist. Auch Bilder sind oftmals nicht aussagekräftig, da aus unmöglichsten Kamerawinkeln fotografiert wird, um durch Verzerrungen den betreffenden Bereich möglichst massiv wirken zu lassen, sofern die Bilder überhaupt wirklich von dem User stammen. Von anderen wird wiederum die abgelichtete Muskelpartie (denn Ganzkörperfotos stellen selbstredend die wenigsten ein) vorher maximal aufgepumpt, um dann das Ganze als in kaltem Zustand fotografiert zu verkaufen. Dass solche Manipulationen nicht auffallen, hat einen ganz einfachen Grund: Bis auf wenige Ausnahmen sind alle User anonym – und so kann man die Angaben nicht verifizieren.

Aber natürlich gibt es auch viele weit fortgeschrittene Sportler mit Jahren an Trainingserfahrung, bis hin zum international erfolgreichen Wettkampfbodybuilder und Powerlifter. Was könnte man sich Besseres vorstellen, als sich Trainingstipps von einigen der besten deutschsprachigen Athleten zu holen? Zumal diese meistens gerne Auskunft geben, wenn man sie nett darum bittet. Doch auch dies wird vielfach mit einem weiteren Phänomen der Internetforen boykottiert, der allgegenwärtigen Respektlosigkeit. Die Anonymität macht es möglich, kaum hat ein solcher Athlet einige seiner Erfahrungen gepostet, schon driftet das Gespräch in die Richtung „was für Steroide nimmst du, dass du so aussiehst“. Andere „Experten“ kommen mit pseudowissenschaftlichem Geschwafel, wieso die Erfahrungen des Athleten falsch seien, stünden sie doch vielleicht im Gegensatz zu irgendwelchen Thesen, die einer der zahlreichen Gurus in einem anderen Internetforum vertritt. Das geht dann so weit, dass z.B. die Technik eines Weltmeisters im Powerlifting beim Maximalversuch im Kreuzheben kritisiert wird, denn so werde man sich bald verletzen, oder beispielsweise einem Top-Bodybuildingprofi erzählt wird, dass er in seinem Video nur halbe Wiederholungen im Schulterdrücken macht und für gute Schultern doch besser richtig trainieren solle.

Leute, die noch vor wenigen Monaten nicht einmal wussten, wie man das Wort „Bodybuilding“ überhaupt schreibt, erzählen gestandenen, erfolgreichen Sportlern, wie sie trainieren sollten – eine Farce, ähnlich einem Fußballstammtisch, wo sich alle für den besseren Bundestrainer halten. Der Unterschied ist nur, dass niemand dies Jogi Löw wirklich sagen würde, aber in einem Internetforum ist man ja anonym. Leider ist es dort außerdem oft so, dass derjenige, der am lautesten trommelt, auch am meisten wahrgenommen und respektiert wird, und diese Klientel ist es oftmals, die zu jedem Thema ihren Senf dazugeben muss. Hand aufs Herz, hätten Sie da noch Lust, Anfängern Tipps zu geben?

Vielleicht fragen Sie sich jetzt, was das alles mit dem Anfänger in der Einleitung zu tun hat. Ganz einfach, ich erlebe immer wieder junge Bodybuilder, die sich im Internet informieren wollen und anschließend völlig verwirrt zu mir kommen und mich fragen, mit welchem Trainings- und Ernährungssystem sie denn nun ihren Traumkörper am schnellsten erreichen können, und mit welchen Supplements sie dies am besten unterstützen könnten. Nicht selten wurden vorher schon mehrere dieser Programme für ein paar Wochen ausprobiert und dabei nur sehr geringe Fortschritte gemacht.

Auf die Frage, wie sie denn auf diese ganzen Ideen kommen, antworten sie dann immer:
„Das habe ich in Forum XY gelesen.“

Und genau da liegt der Hund begraben. Für einen Anfänger ist es praktisch völlig egal, nach welchem System er seinen Körper fordert, solange er dies nur intensiv genug tut, ihm genug Nährstoffe gibt und anschließend Ruhe lässt, damit er wachsen kann. Hart trainieren, viel essen, gut schlafen, wachsen – das ist das Credo, das Generationen erfolgreicher Bodybuilder hervorgebracht hat.

Ein Anfänger wächst mit jedem Programm, solange er es nur diszipliniert über einen längeren Zeitraum verfolgt und nicht nach ein paar Wochen alles wieder über den Haufen wirft, womit er jedes Mal wieder von vorne anfängt. Lassen Sie sich nicht von den ganzen Pseudo-Internetexperten etwas anderes erzählen, wo jeder den heiligen Gral anpreist. Die meisten von diesen selbsternannten Experten waren vor kurzem noch genau solche Anfänger wie Sie. Suchen Sie sich ein (!) Programm, besprechen Sie dieses gegebenenfalls mit Ihrem Trainer vor Ort und ziehen Sie es dann konsequent durch. Wenn Sie erst einmal einige Zeit am Ball sind, Erfahrungen gesammelt und Ihren Körper kennen gelernt haben, dann werden Sie auch die nützlichen von den nutzlosen Informationen im Internet unterscheiden können und vielleicht damit anderen Anfängern wirklich weiterhelfen.

Bodybuilding könnte nicht nur einfach sein – Bodybuilding IST einfach.

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