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Ich liebe Training

Lesedauer: 9 Minuten
Aktualisiert am 21.05.12
Nicole Pfützenreuter liebt ihr Fitnesstraining. Warum das so ist, verrät sie in diesem Artikel.
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Inhaltsübersicht

Ich könnte Ihnen sagen, dass ich progressives, beständiges, intensives und partielles Widerstandstraining bis zur Muskelerschöpfung sehr gerne mache. Ich könnte Ihnen auch sagen, dass ich es ganz toll finde, dass sich meine Muskeln durch Training entwickeln und dass sie dadurch stärker, energiegeladener, schneller, und vor allem größer und massiver werden. Aber im Grunde ist mir das viel zu trocken formuliert und es trifft einfach nicht den wahren Wert, der hinter einem intensiven Training steckt. Deshalb möchte ich das auf noch stärkere Weise verdeutlichen und sage Ihnen auf meine persönliche Weise einfach frei raus wie ich es wirklich sehe:

Ich liebe es mit schweren Gewichten zu trainieren und dabei intensiv meine Muskeln zu spüren. Ich liebe Training und meine Muskeln so sehr, dass ich es am liebsten den ganzen und jeden Tag tun würde. Ich habe zu jedem einzelnen Muskel meines Körpers ein sehr starkes und intensives Verhältnis entwickelt. Es ist weit mehr als nur ein Krafttraining, ein Sport oder ein Hobby und es ist auch mehr als eine besondere Lebenseinstellung, eine hohe Kunst oder eine sehr schöne und individuelle Philosophie. Es ist eine Leidenschaft. Leidenschaft ist etwas Intensives genauso wie es das Training mit Eisen ist.

Sie werden sicherlich schon viel über den Begriff „Intensität“ gelesen haben, wenn Sie sich mit Training befassen. Und Sie werden sicherlich hierbei auf viele Definitionen, Umschreibungen und evtl. auf viele prozentuale Formeln gestoßen sein. Aber egal wie man es nennt, verpackt oder berechnet, es ist und bleibt am Ende immer etwas, dass damit zu tun hat, was Sie selber an Herzblut und Hingabe in Ihr körpereigenes Training stecken. Je mehr Sie Ihr Training lieben, umso intensiver werden Sie trainieren. Das ist die ganz einfache Formel.

Nicole PfützenreuterIch kann mir gut vorstellen, dass Sie es vielleicht etwas ungewöhnlich finden, dass ich ein Training mit rostigen, kalten Hanteln mit romantisch angehauchten und emotional getränkten Begriffen wie Liebe, Hingabe und Leidenschaft umschreibe oder es sogar als eine intensive Beziehung bezeichne. Aber seien Sie doch mal für die nächsten Augenblicke nur ein klein wenig ehrlicher und gefühlvoller zu sich selbst und versuchen Sie es auch mal etwas anders zu sehen. So wie es sehe und wie es sicherlich viele Menschen sehen, die auch so gerne wie ich und Sie, lieber Leser trainieren. Wenn Sie dann etwas nachdenken und in Ihrem Gedächtnis stöbern, werden Ihnen vielleicht Gedanken einfallen, wonach sich Training auf die charakterlichen Eigenschaften eines Menschen auswirkt. Dass Training eine tiefere Verbindung und Entwicklung von Körper, Geist und Seele erschafft und dass es gesund ist und zufrieden macht. Wenn wir jetzt abermals das Wort „Beziehung“ mit in diesen Gedanken einbringen, frage ich Sie nun mal ganz vorsichtig: Was für eine Beziehung haben Sie zu sich selber und Ihrem Training? Wie behandeln Sie Ihren Körper, Ihre Muskeln und wie ehrlich sind Sie in dieser Beziehung, wenn es um Ihre Entwicklung geht?

Ehrlichkeit ist eine wichtige Basis für eine Beziehung, egal ob es sich dabei um die Beziehung zu einer Person, zu einer Hantel oder zu Ihren Muskeln handelt. Wenn Sie in einer Beziehung nicht ehrlich sind, wird Sie diese Beziehung auf Dauer einfach nicht so befriedigen wie Sie sich das wünschen und es wird Ihnen einfach nicht die Ergebnisse bringen, welche Sie anstreben. Das Problem beim Training vieler Trainierender jedoch ist, dass sie sich zwar anstrengen und teilweise dies auch in voller Überzeugung mit Leib und Seele tun, aber dass sie trotzdem dabei nicht ehrlich genug zu sich selber sind. Wenn ich jetzt bei Ihnen, lieber Leser, etwas in Ihnen getroffen habe, gehe ich sogar noch einen Schritt weiter und sage Ihnen, dass wenn Sie mit Ihren bisherigen Resultaten unzufrieden sind, mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nicht nur nicht ehrlich genug zu sich selber sind, sondern ich sage Ihnen zudem, und ich hoffe das beruhigt Sie wieder etwas, dass Sie gar nichts dazu können. Man hat Sie einfach zur Unehrlichkeit erzogen.

Und selbst das ist im Grunde nicht ganz richtig dargestellt, denn es müsste heißen, dass Sie sich dazu erziehen haben lassen. Sie haben einfach etwas geglaubt, was man Ihnen ständig gesagt hat oder was Sie ständig irgendwo von irgendwem hören. Sie haben sich etwas einreden lassen, etwas übernommen und das nach und nach ohne es bewusst zu merken. Wie oft haben Sie in Ihrem Umfeld gehört, dass diese Welt ein schlechter Ort sei, dass man niemanden trauen kann, dass man keine Rücksicht nehmen soll wenn man Erfolg haben will, dass andere Menschen böse sind, dass man es nur mit Lügen und Betrügen aber nie auf ehrliche Weise schafft, dass der Nette und Gute ja immer der Dumme ist, dass man nur ausgenutzt wird, dass es im Leben keine Gerechtigkeit gibt und dass es ja eh alles sinnlos ist? Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Sie das schon sehr oft gehört haben. Von Urteilen anderer in Ihrem unmittelbaren Umfeld über die eigene Person wie z.B.,dass man zu faul sei, zu träge, zu dick, zu hässlich, zu fett, zu klein, zu lang, zu dumm, zu dies und zu das sei ganz zu schweigen. Diese Aussagen beeinflussen das eigene Leben. Damit verbunden wird das Verhältnis zu einem selbst verzerrt und dies kann einen sehr negativen Einfluss auf das eigene Training haben. Wie will man ein positives Ergebnis erzielen, wenn man sich negativen Einflüssen aussetzt und diese womöglich sogar glaubt und verinnerlicht? Wie will man eine gesunde Beziehung zu sich selbst und seinen Muskeln entwickeln, wenn man ein solches Bild von sich und der Welt hat?

Ich möchte ihnen das mal mit einem Beispiel, welches ich die Tage erlebt habe, verdeutlichen: Ein junger Trainierender kommt zu mir im Studio und fragt mich, ob ich ihm helfen könne, dass er schneller und besser in Form komme. Er war schon längere Zeit angemeldet und ich konnte ihn schon häufiger dabei beobachten, dass er sich zwar gut anstrengt, aber dies hauptsächlich nur bei den Brust und Oberarmmuskeln. Zudem kam er sehr unregelmäßig zum Training und es schien, als hätte sein Vorgehen bei den Übungen gar keine richtige Struktur geschweige denn, dass er einen richtigen Trainingsplan hat. Ich antworte ihm, dass ich ihm sicherlich gerne helfen möchte und dass er mir nun schildern soll, was genau seine Ziele sind und wie sein derzeitiger Plan ausschaut. Sofort fängt er einem Maschinengewehr gleich an eine Fülle von negativen Aufzählungen runterzurasseln. Er wäre ja total unzufrieden mit sich selber, er wüsste ja, dass er viel zu faul sei, er würde seinen Bauch hassen, sein Körper wäre ja eine Katastrophe und nie machen wollen was er will, seine Kumpels würden ihm alle sagen, dass er es nicht schaffen würde und es je ja eh nur mit „Stoff“ gehen würde, er hätte keine Zeit zu essen und die gesunden Sachen würden ja eh alle nicht schmecken, dass er schon jedes Programm ausprobiert habe, jede Diät gemacht habe, dass er ständig was anderes zu tun hat, als zum Training zu gehen und er ja unbedingt jetzt für diesen Sommer in Form kommen müsse, da er sonst gar nicht mehr trainieren wolle.

Von richtigen und positiven Zielen oder gar einem Plan, den er mir hätte vorzeigen können, jedoch keine Spur. Da mir klar war, dass ich ihm nicht innerhalb einer Sekunde eine realistische Erwartungshaltung und eine produktive Einstellung vermitteln kann, fing ich mit ihm ganz langsam an, setzte mich mit ihm an die Studiotheke und schrieb ihm einen guten Plan mit vielen effektiven Übungen auf. Er solle diese Plan die nächsten Wochen machen und wenn er noch Fragen hat oder vielleicht nicht weiß, wie die ein oder andere Übung funktionieren würde, würde ich ihm diese auch gerne zeigen. Zu meinem Erstaunen freute er sich sehr und fing sofort in völliger Begeisterung mit den Übungen an. Als ich jedoch am nächsten Tag ins Studio kam, frug er schon wieder eine andere Person um genau den gleichen Rat und ich konnte stellenweise mithören, wie er genau die gleichen Aussagen wie am Vortag machte. Wieder eine Woche später war das gleiche Bild im Studio zu bestaunen. Wieder frug er verschiedene Leute um Hilfe und welche Übungen und Pläne usw. denn nun am besten seien. So ging das noch eine Zeitlang bis man ihn gar nicht mehr im Studio gesehen hat.

Dieses Beispiel ist leider mehr als typisch im Studioalltag. Es wird gar nicht nach einem richtigen Weg gesucht sondern nach einer schnellen Lösung, die es nun mal nicht gibt. Man will gar nicht wirklichjemanden finden, der einem ernsthaft hilft, sondern der einem nur zuhört und in seinem Verhalten bestätigt. Das hier ein nicht optimales Verhältnis zu sich selber vorliegt ist offensichtlich. Hier hat sich die Programmierung ,dass alles sinnlos sei und es ja eh nichts bringen würde extrem manifestiert. Mit so einer Beziehung zu sich selber und zum Training kann es niemals was werden, dass sollte jedem Menschen klar sein. Aber wie im oben beschriebenen Fall ist es das oftmals nicht. Dies hat viele Gründe aber es kommt am Ende immer wieder auf das Gleiche raus. Es herrscht ein extrem negatives Verhältnis zu sich selber und dem eigenen Körper. Training wird in einem solchen Falle gar nicht als etwas Positives angesehen.

In solchen Fällen ist ein Trainierender oftmals Opfer des sog. „Schmerz – Freude Prinzips“. Wenn wir unseren Körper und damit verbunden unsere Muskeln verändern wollen, ist es wichtig zu verstehen wie diese funktionieren. Wenn wir uns z.B. vornehmen mit einer Gewohnheit zu brechen, dann bedeutet das im ersten Augenblick für unseren Körper Schmerz. Die innere Trägheit, ein Programm welches zum Schutz gedacht war, macht sich auf hinderliche Weise bemerkbar. Man will auf zu viel Kuchen, Süßes, Faulenzen, Feiern, Partys, Alkohol und Fernsehen verzichten, aber für irgendwas in uns bedeutet das im ersten Moment, dass ein gewohntes Programm, was bisher viel Freude gebracht hat, gestört wird. Man kann das ungefähr damit vergleichen, dass man einem kleinen Kind zunächst ein Spielzeug in die Hand drückt und dann nach einer kurzen Zeit verbietet, dieses weiter zu benutzen. Das kleine Kind kann in dem Augenblick nicht das Motiv hinter dieser Absicht erkennen und wird rebellieren. Genauso verhält es sich mit einem neuen Trainingsprogramm, einer neuen Übung, einer neuen Diät oder einem Rat etwas zu ändern oder einfach ab sofort und in Zukunft nicht mehr zu tun.

Wenn Sie also wirklich Erfolg haben wollen, dann ist der größte Widerstand, den es zu überwinden gilt, Sie selber. Den größten Sieg erringen Sie, wenn Sie es schaffen ein so positives und ehrliches Verhältnis zu sich selber aufzubauen, dass Ihnen das Wort „Selbstüberwindung“ keinerlei Probleme mehr bereitet. Je geduldiger und beharrlicher Sie mit sich selbst sind, umso eher werden Sie all das erreichen, wovon sie träumen, wenn es um Training mit Gewichten und einer bewussteren Ernährung geht. Wenn Sie keine Geduld haben, eine Erwartungshaltung, von der Sie innerlich einfach wissen müssen, dass Sie diese einfach niemals erfüllen können, wenn Sie jede Anstrengung und jeden Verzicht als etwas Mühseliges, Negatives, Schmerzhaftes und Belastendes empfinden, dann werden Sie einfach nicht soweit kommen, als wenn Sie die ganze Sache als etwas Schönes, Befriedigendes, Positives und Angenehmes sehen. Ich kann Ihnen, lieber Leser, falls Sie sich mit der oben genannten Person selbst nur für eine kleinen Bruchteil identifizieren oder sich in ihr wiederfinden können, nur den echten Rat geben, dass Sie so schnell wie möglich daran arbeiten, dass Sie ein gesundes Verhältnis zu sich selber entwickeln. Dass Sie bereits regelmäßig zum Training gehen, ist für den Körper Druck genug. Wenn Sie das Spiel jetzt überbiegen, dann kann es sehr gut sein, dass Sie ohne es zu wollen, scheitern werden. Haben Sie Spaß am Training und seien Sie ehrlich zu sich selber. Belohnen Sie sich nach einem guten Training und klopfen Sie sich innerlich auf die Schulter. Reden Sie sich so oft wie möglich gut zu und sagen Sie sich ständig, dass Sie es schaffen werden. Je eher Sie erkennen, wie Sie Freude und Schmerz richtig dosieren und im richtigen Verhältnis anwenden, umso eher werden Sie alles erreichen, was Sie wirklich wollen.

Nicole Pfützenreuter

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