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Vitamin D – Das anabole Prohormon

Lesedauer: 5 Minuten
Aktualisiert am 05.12.22
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Inhaltsübersicht

„Früher hielt man Vitamin D nur für ein weiteres Vitamin, das wichtig für Dinge wie die Knochen ist. Doch in jüngerer Zeit wurde es als leistungsstarkes Prohormon wiederentdeckt, das auch das Muskelwachstum antreibt. Indem es die Expression von etwa drei Prozent des menschlichen Genoms reguliert, beeinflusst Vitamin D die meisten Zelltypen im menschlichen Körper. Es sollte daher nicht allzu überraschen, dass es eine Art Wechselwirkung mit einigen wichtigen anabolen Hormonen wie Testosteron, Insulin und IGF-1 aufweist. Erstaunlich ist jedoch das Ausmaß, mit dem Vitamin D die Wirkung dieser muskelaufbauenden Botenstoffe verstärkt und somit schließlich Muskelwachstum auslöst…

Einige dieser muskelfördernden Eigenschaften von Vitamin D stammen daher, dass es die Expression mehrerer Gene, die an der Produktion und Aktivität von Testosteron beteiligt sind, regeln kann. Die aktuelle Forschung hat gezeigt, dass Vitamin D die muskelaufbauende Reaktion Insulins auf den Leucinkonsum verstärkt, während es zugleich den hypertrophen Einfluss auf IGF-1 fördert. Alles in allem unterstreichen diese Informationen die Funktion von Vitamin D als ein äußerst potentes Prohormon, das direkt das Muskelwachstum antreibt – und empfehlen zugleich die Aufnahme von Vitamin D zusammen mit Leucin für bessere Resultate im Kraft- und Muskelaufbau.

Erhöhter Testosteronspiegel

Vitamin D ist ein fettlösliches, steroidähnliches Molekül, das direkt die Expression von Hunderten Genen reguliert, wobei einige der von Vitamin D aktivierten Gene offenbar an der Testosteronproduktion beteiligt sind. Das wurde indirekt durch eine Studie demonstriert, die einen Zusammenhang zwischen Vitamin D und dem Testosteronspiegel zeigte: Die Gruppe mit den geringsten Vitamin-D-Werten wies die niedrigsten Messungen an Testosteron auf, und die Gruppe mit der größten Vitamin-D-Menge hatte entsprechend den höchsten Testosteronspiegel. Das weist darauf hin, dass Vitamin D die Testosteronproduktion erhöht. Interessanterweise ergab diese Studie auch, dass höhere Vitamin-D-Werte weniger SHBG (Sexualhormonbindendes Globulin) produzierten. Da Testosteron im Blutkreislauf in einer inaktiven Form zirkuliert, wenn es an SHBG gebunden ist, sollte Vitamin D, weil es die SHBG-Produktion senken kann, also auch die Testosteronaktivität erhöhen…

Die Anti-Aromatase-Aktivität von Vitamin D

Wie eine andere Studie zeigte, verringert Vitamin D auch den Abbau von Testosteron in Östrogen. Das erreicht es dadurch, indem es die Expression des Aromatase-Enzyms, das die Umwandlung von Testosteron in Östrogen katalysiert, reduziert. In dieser Studie wurden Ratten große Mengen des Steroidmoleküls Androstendion verabreicht, das durch Aromatase in die östrogenähnlichen Moleküle Estradiol oder Estron umgewandelt werden kann. Einige der Nager bekamen zusätzlich noch täglich Vitamin D injiziert. Jene, die Vitamin D bekamen, zeigten eine deutliche Senkung der Expressionswerte der Aromatase und wiesen weniger Estradiol oder Estron auf – insbesondere im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Vitamin D.

Daneben zeigte sich, dass Vitamin D die Werte und Aktivität der Aromatase in isolierten menschlichen Brustkrebszellen verringerte – ein Zelltyp, der normalerweise große Mengen des Aromatase-Enzyms exprimiert. Diese Erkenntnis legt nahe, dass Vitamin D, indem es das Ausmaß und die Aktivität der Aromatase verringert, in ähnlicher Weise auch beim Menschen funktioniert…

Die Forscher untersuchten auch den Einfluss von Vitamin D in Kombination mit Aromatasehemmern wie Arimidex auf die Aromataseaktivität; ebenfalls wieder in isolierten menschlichen Brustkrebszellen. Interessanterweise zeigen die Resultate, dass Vitamin D die Wirkung der Aromatasehemmer verstärkt. Da einige Bodybuilder Aromatasehemmer während einer Anabolika-Anwendung zu sich nehmen, um deren Umwandlung in Östrogen zu verhindern, sollte Vitamin D im Duett mit Aromatasehemmern ein effektiverer Weg sein, die von der Aromatase gesteuerte Umwandlung zu mindern. Das würde einige der unangenehmen Nebenwirkungen verhindern, die mit der Anwendung von Anabolika verbunden sind, wie zum Beispiel die Entwicklung des Brustgewebes infolge unnatürlich hoher Östrogenwerte.

Stärkere anabole Insulinantwort auf Leucinzufuhr

Insulin steigert das Muskelwachstum, indem es an den Insulinrezeptor andockt und eine Kaskade von Signalwegen auslöst, die schließlich das Enzym mTOR aktivieren. Die Aktivierung von mTOR führt zu einer Proteinansammlung in der Muskelzelle, was ein wesentlicher Faktor für das Muskelwachstum ist. Einer der wirksameren Beschleuniger des insulingesteuerten Muskelwachstums ist die verzweigtkettige Aminosäure Leucin. Viele Studien haben gezeigt, dass eine Leucinaufnahme den Insulin-Signalweg und das Muskelwachstum aktiviert, vor allem in Kombination mit Gewichtstraining. Interessanterweise wird ein Vitamin-D-Mangel oft mit einem mangelhaften Insulinsignal verbunden; was darauf hindeutet, dass Vitamin D das Insulinsignal – und damit potenziell auch das Muskelwachstum – unterstützt.

Da die Muskelproteinsynthese zweifellos durch die Leucinzufuhr reguliert wird, wollte man herausfinden, ob Vitamin D die Leucinaktivierung für den Insulinsignalweg verstärken könnte. Diesbezügliche Studienergebnisse zeigten, dass Vitamin D die Fähigkeit Leucins zur Aktivierung des Insulinsignals verbesserte, während es auch die Rate der Muskelproteinsynthese erhöhte. Ebenfalls zeigte sich, dass beide Wirkungen der größeren Expression des Insulinrezeptor-Gens geschuldet waren, das die Anzahl und Aktivität der Insulinrezeptoren erhöhte, die in der Muskelzelle eingebettet sind.

Vitamin D erhöht IGF-1

Wie IGF-1 durch Vitamin D reguliert wird, ist nicht ganz klar. Doch ist gezeigt worden, dass Vitamin D die IGF-1-Werte erhöht. Darüber hinaus bewegt sich das meiste zirkulierende IGF-1 im Blutkreislauf, wenn es an das IGF-1-bindende Protein IGFBP-3 gebunden ist. Dieser Komplex stabilisiert IGF-1, indem er weniger davon aus dem Körper entfernt und somit seine muskelaufbauende Leistung verlängert. Interessanterweise erhöht Vitamin D auch die IGFBP-3-Werte und verstärkt dadurch womöglich die IGF-1-Aktivität…

Vor Kurzem wurde gezeigt, dass Ratten in Ermangelung eines voll funktionsfähigen Vitamin-D-Rezeptors weniger Mengen an zirkulierendem IGF-1 aufwiesen. Da die Wechselwirkung von Vitamin D mit dem Vitamin-D-Rezeptor unmittelbar die Genexpression regelt, deutet dieses Ergebnis an, dass Vitamin D die Produktion von IGF-1 und IGFBP-3 stimuliert, indem es direkt oder indirekt deren genetische Expression hervorruft.

Und da Vitamin D ein bekannter Regulator der Kalziumaufnahme im Darm ist, ist es auch möglich, dass Vitamin D die IGF-1-Konzentration erhöht, indem es für eine größere Kalziumresorption sorgt. Denn eine kalziumreiche Ernährung hat erwiesenermaßen die IGF-1-Werte bei Mäusen und Menschen erhöht. Alles in allem zeigen diese Forschungsberichte, dass Vitamin D die Konzentration und Aktivität von IGF-1 über mindestens zwei verschiedene Mechanismen erhöht. Eine Supplementierung mit Kalzium und Vitamin D könnte diese Mechanismen aktivieren und somit eine noch größere IGF-1-Produktion für fortgeschrittenes Muskelwachstum fördern.

Fazit: Vitamin D hat die Fähigkeit, die Aktivität mehrerer wichtiger anaboler Hormone zu regulieren und übt somit einen beträchtlichen hypertrophen Einfluss aus. Infolge dieser starken Wirkung auf das Muskelwachstum scheint Vitamin D ein wichtiges Supplement zu sein, um die Erfolge im Kraft- und Muskelaufbau zu verbessern.

Text von Dr. Michael J. Rudolph
Foto von Shutterstock

Text mit freundlicher Unterstützung der Sportrevue

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