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Zum besseren Verständnis

Lesedauer: 22 Minuten
Aktualisiert am 27.03.23
Bevor ich öffentlich äußerte, daß das Hochintensitätstraining der einzig gültige, wissenschaftliche Ansatz für den Aufbau von Muskelmasse ist, konnte die Haltung der wissenschaftlichen Trainingslehre und orthodoxer Bodybuilder in Bezug auf die beste Trainingsmethode mit einer grauen, kompromißlosen Trainingssackgaße verglichen werden. Bis dahin hatten sie sich nie damit beschäftigt, ob sie Recht oder Unrecht hatten und jeder stimmte stillschweigend zu, dieses Thema nicht anzusprechen. Sie hatten sich wirklich gegenseitig einen intellektuell-moralischen Blankoscheck ausgestellt, auf dem stand: „Ich rede nicht darüber, wenn du es auch nicht tust. Dann können wir alle so tun, als seien wir Experten und weiterhin unser gutes Geld
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Inhaltsübersicht

Bevor ich öffentlich äußerte, daß das Hochintensitätstraining der einzig gültige, wissenschaftliche Ansatz für den Aufbau von Muskelmasse ist, konnte die Haltung der wissenschaftlichen Trainingslehre und orthodoxer Bodybuilder in Bezug auf die beste Trainingsmethode mit einer grauen, kompromißlosen Trainingssackgaße verglichen werden. Bis dahin hatten sie sich nie damit beschäftigt, ob sie Recht oder Unrecht hatten und jeder stimmte stillschweigend zu, dieses Thema nicht anzusprechen. Sie hatten sich wirklich gegenseitig einen intellektuell-moralischen Blankoscheck ausgestellt, auf dem stand: „Ich rede nicht darüber, wenn du es auch nicht tust. Dann können wir alle so tun, als seien wir Experten und weiterhin unser gutes Geld dafür kassieren. Möge der Skrupelloseste gewinnen!“

Als ich meine Meinung kund getan hatte, brach die Hölle los. Das Einzige, was diese modernen Relativisten, die mit ihrem prahlerischen Bekenntnis zur Offenheit allem und jedem gegenüber tolerant zu sein schienen, nicht gelten lassen würden, war jemand, der Wissen und Gewißheit für sich beanspruchte. Die gleichen Menschen verwandelten ihre intellektuellen Haltung vom in sich ruhenden Mystiker – jemandem also, der glaubt, daß Wissen ohne entsprechende Anstrengung auftreten kann – in einen beißenden Skeptiker, der die Existenz jeglichen Wissens verneint (und damit auch die Gewißheit). Jetzt führen diese Leute an: „Es kann nicht nur eine gültige Wahrheit oder Theorie geben.“ und dabei nehmen sie an, daß sich die Wirklichkeit ständig verändert: „Keiner kann zur Gewißheit gelangen“, wobei sie voraussetzen, daß der menschliche Geist hierfür zu schwach ist oder, direkter und persönlicher: „Was zum Teufel maßt sich dieser Mentzer eigentlich an, daß er immer derartige Weisheiten von sich gibt? Wer kann schon beweisen, daß er recht hat?“

Die Meinung, daß niemand die Wahrheit für sich beanspruchen kann und daß man nie absolute Sicherheit haben kann, ist heutzutage weitverbreitet, jedenfalls weit über die Grenzen der Bodybuildingwelt hinaus. Diejenigen, die solche Aussagen treffen, begehen einen logischen Fehler, den man auch den „Trugschluß gestohlener Ideen“ nennt und der zuerst von Ayn Rand erkannt wurde. Der „Trugschluß gestohlener Ideen“ ist nicht so abwegig, daß es nicht möglich wäre, seine genaue Bedeutung zu erfassen. Da eine beträchtliche Anzahl meiner Leser ernsthafte Schwierigkeiten mit kognitiven Leistungen hat – also der Fähigkeit zu denken – und diesen Gedanken nicht verstehen, werde ich ihn an dieser Stelle einmal ausführlich erklären.

Das Konzept „Trugschluß gestohlener Ideen“ bedeutet, daß jemand Vernunft, Logik und Wahrheit „stehlen“ oder (miß)brauchen muß, nur um sie in letzter Instanz zu leugnen. Deshalb ist dies ein Widerspruch in sich selbst. Mit anderen Worten: die Behauptung, es gebe keine Wahrheit und keine Gewißheit stellt selbst schon wieder einen Anspruch auf Wahrheit. Daher widersprechen sich derartige Behauptungen selbst und sind falsch, da sie das Gegenteil als richtig darstellen.

Die Vorstellung, daß die Wahrheit und die Gewißheit nicht existieren, ist gegen den Menschen und gegen das Leben an sich gerichtet und strebt danach, dem Individuum die Fähigkeit zum Denken abzusprechen. Die rationalen Fähigkeiten des Menschen und seine Vernunft sind dazu da, objektive Realitäten und die gegebenen Fakten erkennen zu können. Das ist der Kernpunkt des Objektivismus, der Philosophie, zu der ich mich bekenne. Die bloße Tatsache, daß Menschen miteinander kommunizieren und einander verstehen können, ist ein eindeutiger Beweis dafür, daß die Realität kein verwaschenes, undurchsichtiges Etwas ist, sondern etwas Objektives und Absolutes, das jeder, der ein normal funktionierendes Gehirn hat, verstehen kann. Wie viel jemand von der Wirklichkeit erfassen, kann hängt davon ab, wieviel Macht er seiner Vernunft zubilligt.

Einer meiner Leser schickte mir ein E-Mail, in dem er behauptete, daß der Mensch zwar genaues mathematisches Wissen und Verständnis erlangen kann, daß aber ein solches Verständnis im kognitiven Bereich nicht möglich sei. Dieser Glaube beruht größtenteils auf der falschen Vorstellung, daß kognitive Prozesse und Gedanken ebenfalls hauptsächlich mathematische Vorgänge sind. Diese Tatsache kann man am Besten dann verstehen, wenn man einen bestimmten Aspekt der Art und Weise von Konzepten versteht. Es folgt die Erklärung von Ayn Rand:

Die Beziehung zwischen den Konzepten und ihren Grundbausteinen ist dieselbe wie die zwischen mathematischen Symbolen und Zahlen. In der Gleichung 2a= a+a kann jede beliebige Zahl für a eingesetzt werden ohne die Richtigkeit der Gleichung in Frage zu stellen. Zum Beispiel: 2×5=5+5, oder: 2×5.000= 5.000 + 5.000. In derselben Art wird durch die gleiche psychoepistemologische Methode ein Konzept wie ein mathematisches Symbol verwendet, das dann für jede arithmetische Abfolge von Einheiten, die es umfaßt, steht.

Zum Beispiel steht das Konzept Mensch für alle Menschen, die in der Vergangenheit gelebt haben, die jetzt gerade leben und die in Zukunft leben werden.

Ein wichtiger Punkt, den man hierbei im Auge behalten sollte, ist, daß eine Annahme oder eine Tatsache nur dann wie eine Gleichung funktionieren können, wenn deren Basiskonzepte schon eine genaue Bedeutung haben. Nehmen wir zum Beispiel die folgenden Annahmen: „Hochintensitätstraining ist absolut notwendig für optimale Kraft und Muskelwachstum“ oder „Sprache ist ein Code aus audiovisuellen Symbolen, die der psychoepistemologische Funktion dienen, abstrakte Vorstellungen in deren geistiges Spiegelbild konkreter Vorstellungen umzuwandeln.“ Genau so wie man höhere mathematische Formeln nur dann begreifen kann, wenn man die zugrundeliegenden Funktionen versteht, aus denen sie sich herleiten – und dies auch noch mit derselben Sicherheit – kann man die Wahrheit dieser Annahmen nur dann verstehen, wenn man die genaue Bedeutung der konzeptionellen Grundideen kennt.

Ich werde sehr oft gefragt, warum sich nicht mehr Leute der Theorie des Heavy Duty oder Hochintensitätstrainings anschließen. Die Antwort ist, daß es die einzige Theorie ist, die als Theorie selbst existiert; das heißt, es gibt eine gewisse Anzahl abstrakter Prinzipien, die für sich beanspruchen, entweder eine genaue Beschreibung eines Wirklichkeitsbereichs zu sein und /oder eine Handreichung dessen, wie man sich als Mensch erfolgreich betätigen kann. Deshalb muß man sich geistig enorm anstrengen, wenn man dies erreichen will. Diese Anstrengung sind viele in unserer heutigen antirationalen und antikognitiven Zivilisation nicht bereit auf sich zu nehmen.

Da sind diejenigen, die bereits aufgehört haben, diese Dinge hier zu lesen, da sie sich nicht mit höheren Abstraktionen wie Theorien und Prinzipien auseinandersetzen möchten. Sie werden in der Philosophie als naive Realisten bezeichnet. Ein naiver Realist beschäftigt sich normalerweise nur mit simplen Abstraktionen, das sind Konzepte, die sich auf direkt Wahrnehmbares stützen, konkrete Dinge etwa wie ein Stuhl, ein Tisch, das Studio, der Bizeps oder die Langhantel. Die Begriffe Theorie und Prinzip sind nicht direkt wahrnehmbar; deshalb muß man sich geistig etwas stärker anstrengen, um sie zu verstehen.

Da die meisten die enorme Bedeutung intellektueller Präzision nicht erkennen oder sich kaum darum kümmern und Worte einfach unbedacht verwenden, ist es leicht verständlich, warum Vorstellungen wie „Es gibt keine letztendliche Wahrheit“ oder „Es gibt keine absolute Sicherheit“ von den meisten Leuten geteilt werden, obwohl sie eigentlich falsch sind. Nur weil einige ihre grundlegende philosophische Verantwortung nicht ernst nehmen und intellektuell unsauber – und deswegen auch unsicher – arbeiten, heißt das nicht, daß es jeder so machen muß. Welcher Philosophie man sich letztendlich anschließt, ist eine freie Willensentscheidung; sie ist jedem selbst überlassen.

Wie ich schon in früheren Artikeln deutlich gemacht habe, definieren orthodoxe Bodybuilder und Trainingswissenschaftler -wenn überhaupt- dann nur selten ihre Konzepte, wobei ihre konzeptionelle Bandbreite sehr begrenzt ist. Die Tatsache, daß etablierte Trainingswissenschaftler ihre (falschen) Vorstellungen über die Wirksamkeit von Massetraining von geistig eingeschränkten Mitgliedern der orthodoxen Bodybuildinggemeinde ableiten, und sie mit solcher Vehemenz vertreten, zeigt deutlich, daß sie wenig von der Funktion geistiger Vorgänge verstanden haben. Deshalb ist dieser intellektuelle Ansatz auch durch bloße Annäherung, Desintegration, Widerspüche und ausweichendes Verhalten gekennzeichnet, was es allerdings erleichtert, die Verwirrung, die sich im Gehirn einstellt, die tiefgreifende Frustration und das vollständige Fehlen jeden Fortschritts, das viele Bodybuilder erleben, zu erklären. Dies alles wird der Tatsache nicht gerecht, daß der rein quantitative Ansatz in die Sackgasse führt, die in einem kognitiven Abgrund begonnen hatte.

Der erste Schritt

Für viele, die diese Zeilen lesen, hat sich das lichterloh brennende innere Feuer zu einer kaum noch glimmenden Glut reduziert. Ich spreche von deinem leidenschaftlichen Verlangen danach, die eigenen Ziele zu erreichen, genauer gesagt, einen muskulösen Körper aufzubauen. Nur wenige können die Tiefe und Breite unseres Verlangens verstehen. Einige davon, vor allem drittklassige Schlägertypen – darunter vielleicht einige unserer Freunde – würden uns spöttisch auslachen und unser Wissen gegen uns verwenden, wenn sie könnten, um uns klein zu kriegen. Aber ich weiß genauso gut wie meine Leser, daß dieses leidenschaftliche Verlangen nach dem Ideal nicht unterdrückt werden kann; es liegt wie ein heiliger Schatz auf dem Grund unserer Seele.

Das waren noch Zeiten, als wir jeden Monat ungeduldig auf das Erscheinen unserer Lieblingssportzeitschrift gewartet haben. Sobald wir sie in Besitz genommen hatten, stellte sich eine ungewöhnliche Freude ein und wir sahen Bilder vor unserem inneren Auge, auf denen auch wir in nicht allzu ferner Zukunft mit dem muskulösen Körper eines griechischen Gottes zu sehen waren. Nachdem wir die Zeitschrift eilig durchgeblättert hatten, um nach neuen, inspirierenden Fotos unserer Champions zu suchen, gaben wir uns der eher ernsthaften Beschäftigung hin auf jeder einzelnen Seiten genau nach dem „magischen“ Programm zu suchen, das uns aus dem dumpfen Loch der Stagnation herausreißen würde, in dem wir seit Wochen festsaßen. Dann, als wir wieder einmal dachten, wir hätten es endlich entdeckt, machten wir uns, begeistert und motiviert durch einen neuen Versuch, unser Ziel zu erreichen, auf den Weg ins Studio. Erinnern Sie sich noch?

Das ist jetzt jedoch nicht mehr so. Warum eigentlich? Nach Jahren der eifrigsten, kompromißlosesten Anstrengung hat es den Anschein, als würde man sein Ziel niemals erreichen. Sie freunden sich mit dem Gedanken nicht so sehr an, nur ein Lasttier zu sein; und auch wenn Sie Ihr Training auch noch so sehr lieben: keiner mit auch nur einem Fünkchen Selbstwertgefühl will sich jeden Tag über Stunden hinweg abquälen, wenn man danach nichts oder kaum etwas davon sieht.

Der tiefe Glaube, daß das eigene Leben etwas Einzigartiges ist und daß es wichtig ist, seine Ziele zu erreichen, ist ein ganz persönlicher Bestandteil des menschlichen Lebens. Die Aussicht auf Mißerfolg hat deshalb etwas Beunruhigendes an sich. Ganz besonders der Funken des Zweifels, der früher nur gelegentlich in den äußeren Bereichen unseres Bewußtsein aufgetaucht war, erscheint nun zu allzu oft und wächst sich gar zu einer lawinenartigen Unsicherheit aus, die sogar die Grundmauern unseres sonst so strahlenden Selbstbewußtseins angreift. Bezweifelt wird nämlich die Überzeugung, daß man alles, was man sich vorgenommen hat, erreichen kann; und das ist schlichtweg unerträglich. Man erkennt ganz klar, daß es absolut wichtig ist, ein Ziel zu erreichen, wenn man sich eins gesetzt hat, denn das, was sich daraus für das eigene Selbstvertrauen, das Selbstwertgefühl und das Glück ergibt, ist entscheidend. Aber was soll man machen?

Vielleicht kann ich helfen. Erinnern Sie sich noch an das alte Sprichwort: Was man schwarz auf weiß besitzt, kannst man getrost nach Hause tragen. Vielleicht, aber auch nur vielleicht, haben Sie nur allzu bereitwillig die vorherrschende „Trainingsweisheit“ akzeptiert, daß reine Maße, oder das „Je-mehr-desto-besser-Prinzip“ der beste Weg sind.

Die Menschen glaubten viele Tausend Jahre lang, daß die Erde eine Scheibe sei, aber deshalb ist das lange noch nicht wahr. Nur dadurch, daß alle die gleiche Meinung vertreten, entsteht noch nicht die Wahrheit. Sie wird auch nicht vom Pöbel oder einfach von der Mehrheit besessen, und es ist nicht leicht sie zu enthüllen. Stellen Sie sich die Wahrheit wie einen seltenen Edelstein vor, den man nur finden kann, wenn man sich durch wahre Gebirge von Lügen und widersprüchlichen Informationen hindurchkämpft. Nach der Wahrheit zu forschen – also das Wissen zu entdecken, das man benötigt, um seine Ziele zu erreichen – ist nicht leicht. Aber das wissen Sie ja bereits: Das Leben ist kein Honiglecken!.

Ich schlage vor, Sie ziehen die Möglichkeit in Betracht, daß die Lösung für Ihre Trainingsprobleme darin liegt, die Seele, also Ihren Geist miteinzubeziehen. Was ist die Wurzel oder die Quelle jeder großen Leistung? Die intellektuelle Souveränität der einzelnen Seele. Wo wäre denn die Menschheit heute, wenn es nicht Individualisten gegeben hätte und geben würde, die Grenzen überschreiten, Menschen, die nichts höher einschätzen als ihr eigenes unabhängiges Urteil, wie etwa Christoph Kolumbus oder Galileo Gallilei? Man kann sich also fragen „Was folgt daraus, was wird aus meiner Seele – ganz abgesehen von meinem Körper – falls ich es nie lerne, eigenständig zu denken und zu urteilen?“

Was also tun, wenn der eigene Trainingspartner und andere im Studio die Vorstellung, mehr sei besser blind, unkritisch und passiv akzeptieren? Haben Sie etwa deren Meinung jemals wirklich für voll genommen? Und was ist, wenn die IFBB Champions das Massetraining unterstützen? Sie wissen verdammt gut, daß diese Leute genetische Freaks an der Schwelle zum Wahnsinn sind, die bereit sind ihr Leben zu riskieren, indem sie mehr Drogen einwerfen als wir uns überhaupt vorstellen können.

Verwirrende Theorien über das Training sind weder nötig noch wünschenswert. Es gibt einen einfachen, logischen Ansatz, den jeder verstehen kann, der bereit ist, mentale Anstrengungen auf sich zu nehmen.

Anmerkung

In Bezug auf neueste sogenannte Untersuchungen einiger weniger Trainingsexperten – vor allem Dr. William Kraemer – die angeblich beweisen, daß Intervalltraining dem Hochintensitätstraining überlegen ist: Arthur Jones wurde vor Jahren von einem Reporter gefragt: „Welches Ergebnis erhoffen sie sich von diesem Experiment?“ Jones antwortete in seiner gewohnten unnachahmlichen Art: „Wenn ich wüßte, was zum Teufel ich finden werde, würde ich das Experiment nicht machen.“ Das ist im Wesentlichen die angemessene Antwort eines ehrbaren Wissenschaftlers; und so etwas würde Kraemer niemals verstehen. Warum sollte Kraemer plötzlich Experimente durchführen, um die Wirkungslosigkeit von Hochintensitätstraining zu untersuchen, wenn er doch schon seit Jahrzehnten darüber Bescheid weiß? Genau deshalb, weil die Beweise erdrückend geworden sind, daß Hochintensitätstraining den einzig wahren wissenschaftlichen Ansatz für produktive Übungen bietet. Und jetzt kann er nicht weiterhin den Allwissenden und Unfehlbaren spielen.

Ich glaube schon, daß Kraemer eine Studie durchgeführt hat, aber sie wurde genau so aufgebaut und eingerichtet, daß sie „beweist“, daß Hochintensitätstraining nicht funktioniert. (Eine beträchtliche Anzahlt von Bodybuildern, die zufällig objektiv sind – also zu kritischer Analyse fähig – bestätigten schon beim Lesen einer seiner Versuchsanordungen die Voreingenommenheit, die Kraemers experimentelles Vorgehen beeinflußte). Wenn man von diesem unmoralischen Zynismus ausgeht, der unsere Kultur durchdringt, würden Sie auch nicht erwarten, daß die Trainingswissenschaft davon ausgenommen wird. Kraemers erschreckende Gleichgültigkeit zur Thematik von Wahrheit versus Unwahrheit ist eines der schlimmsten Beispiele dafür, was sich auf diesem Schauplatz abspielt, und ich habe vor, dieses Thema in nächster Zukunft intensiver zu behandeln. In der Tat plane ich eine weitere Herausforderung an die Trainingswissenschaftler, die derjenigen ähnelt, die ich vor einigen Jahren veröffentlicht habe. Hierbei suche ich eine unabhängige, objektive Forschungsgruppe, die eine Studie zum Vergleich zwischen einem rein quantitativen Masseaufbautraining und dem Heavy Duty, also Hochintensitätstraining, durchführen würde. Damals nämlich waren Kraemer und all die anderen Trainingswissenschafter, die Masse-Intervall-Training propagierten, ganz nah an einer wasserdichten und objektiven Gelegenheit, mir das Gegenteil zu beweisen, und sie alle nahmen den Fehdehandschuh nicht an.
Lassen Sie uns in der heutigen Artikelfortsetzung die Frage, was Muskeln zum wachsen bringt, aus der Warte eines Trainingswissenschaftlers beleuchten. Nachdem er zahlreichen Gewichthebern, Powerliferten und Bodybuildern beim Training zugesehen hat, folgert er, daß ein Faktor im oder am Training selbst, ein bestimmtes Merkmal, isoliert und konkret benannt werden kann, das für die Stimulation von Muskelaufbau zuständig ist.

Wie findet er diesen Faktor? Vermutlich beginnt er seine Suche bei einem augenfälligen Charakteristikum, das real existierende Dinge besitzen: bei der Quantität. In unserem Kontext würde er sich also mit dem Trainingsvolumen, der Anzahl ausgeführter Sätze, befassen. Da Menschen, die nicht mit Hanteln trainieren, in der Regel normalgroße Muskeln besitzen, während die Muskeln derer, die – selbst nur gelegentlich – Krafttraining betreiben, zum Wachstum tendieren, stellt er die Hypothese auf, die Wachstumsstimulation hänge direkt mit dem Trainingsvolumen zusammen.

Zur Überprüfung seiner Hypothese beobachtet er zahlreiche Trainierende über einen längeren Zeitraum hinweg, in dessen Verlauf ihr Trainingsvolumen progressiv zunimmt. Aber etwas macht ihn stutzig: Ihm fällt auf, daß ab einem gewissen Punkt mehr Volumen die Fortschritte zum Erliegen bringt und weitere Volumensteigerungen sogar zu Muskelschwächung und Überlastungs-Atrophie führen.

Was ihm anfangs logisch erschien, kommt ihm nun eher zweifelhaft vor. Der Wachstumsstimulus kann tatsächlich nicht direkt mit der Quantität der Trainingsanstrengung zusammenhängen, sonst würden die besten Wachstumssteigerungen mit dem größtmöglichen Trainingsvolumen erzielt. Die Vorstellung, daß mehr besser bedeutet, ist in ihrer simplen Strickweise zugegebenermaßen verlockend, aber sie stimmt leider nicht.

Beschäftigen wir uns einen Moment mit der Logik, die hinter dieser Vorstellung steckt. Mehr ist besser heißt genau das: Mehr ist besser. Wenn 20 Sätze gut sind – sprich: befriedigende Resultate liefern -, dann wären 40 Sätze besser, würden zu besseren Fortschritten führen als 20 Sätze, und 80, 120, 240, 480 Sätze – die Rechnung ließe sich ins Unendliche potenzieren – würden mit noch mehr Muskelwachstum quittiert. Die groteske Absurdität der Volumen-Argumentation, verpackt in der naiv-kindischen Gleichung, mehr sei besser, schreit zum Himmel. Es handelt sich um eine falsche, unlogische, irrationale, unproduktive, ja kontraproduktive Theorie. (Sehen Sie sich nur um: Jeder, der irgendeine Form der Aktivität oder des Trainings betreibt, tut das mit einem gewissen Volumen. Wäre das Volumen an sich Auslöser für Muskelwachstum, hätten diejenigen mit dem größten Trainingsvolumen – z.B. Marathonläufer – die größten Muskeln.)

Jeder, der trainiert – egal, um welche Aktivät oder Sportart es sich handelt -, absolviert ein bestimmtes Volumen. Die große Mehrzahl trainiert eine Stunde, doch erzielen die einzelnen Mitglieder dieser Gruppe weiß Gott nicht dieselben Massezuwächse (wenn sie überhaupt welche erzielen). Mit anderen Worten: Die Suche nach dem für die Stimulation von Muskelzuwächsen zuständigen Trainingsparameter geht weiter. Da die Quantität nicht ausschlaggebend ist, bleibt nur noch eine Möglichkeit offen: Die Qualität – oder Intensität – der Anstrengung muß verantwortlich sein.

Nehmen wir an, Sie können eine 50-Kilo-Langhantel für ein Maximum von 10 Wiederholungen curlen, bevor Sie den Versagenspunkt erreichen. Klar, daß die erste Wiederholung dieses Satzes am einfachsten ist, die geringste Anstrengung erfordert. Trotzdem ermüdet sie Ihre Bizeps etwas, mit dem Resultat, daß die zweite Wiederholung bereits ein bißchen schwerer fällt, Ihnen eine etwas intensivere Anstrengung abverlangt. Die erste Wiederholung erfordert vielleicht 8 bis 10 Prozent, die zweite 15 bis 20 Prozent Intensität. Die zweite Wiederholung schlaucht Ihre Muskeln weiter, weshalb die dritte WH noch ein Stück härter wird. Das Prinzip ist klar und fast allen Trainierenden wohlbekannt: Jede neue Wiederholung fällt schwerer als die vorangegangene, erfordert eine intensivere Anstrengung. Irgendwann sind Sie bei der letzten möglichen Wiederholung – in diesem Fall der zehnten – angelangt, die Ihnen das absolute Maximum an Anstrengung abverlangt. Sie knirschen mit den Zähnen, zittern am ganzen Körper und sind kaum in der Lage, diese Wiederholung zu Ende zu bringen. Streng genommen ist das die einzige Wiederholung des ganzen Satzes, die 100 Prozent Anstrengung erfordert.

Jetzt die Preisfrage: Welche Wiederholung dieses Satzes wird wohl am ehesten eine Zunahme Ihrer Kraft und Masse fördern? Die erste mit der geringsten oder die letzte mit 100 Prozent Intensität? Richtig! Es ist natürlich die letzte!

Und noch eine Frage: Wenn Sie wirklich in der Lage wären, eine 50-Kilo-Langhantel für ein Maximum von 10 WH zu curlen, aus irgendeinem Grund aber immer nur eine WH gemacht und die Hantel dann auf dem Boden abgelegt hätten, würden Sie wachsen? Natürlich nicht. Die auf Ihren Körper ausgeübte Belastung wäre nicht intensiv genug, um eine adaptive Reaktion zu gewährleisten, sprich: eine Zunahme von Kraft und Masse. (Genauso wenig werden Sie braun, wenn Sie sich vor eine 100-Watt-Glühbirne setzen. Egal, wie lange Sie dort sitzen oder wieviel Sonnenmilch Sie auftragen – damit Sie braun, werden muß die Sonneneinstrahlung eine ausreichende „Belastung“ für Ihren Körper darstellen.)

Zur Bewältigung dieser letzten, fast unmöglichen Wiederholung ist der Körper gezwungen, an seine Reserven zu gehen. Da letztere nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen, schützt er sich gegen künftige Übergriffe auf seine Reserven, indem er seine vorhandene Kapazität durch den kompensatorischen Aufbau von mehr Muskelmasse verstärkt. Nur ein hochintensives Training verkörpert einen ausreichenden Reiz, um den Körper zu zwingen, seine Reserven in einem Maß anzuzapfen, das zur Auslösung einer adaptiven Reaktion in Form eines Muskelwachstums genügt. Sich wiederholende Aufgabenstellungen, die durchaus im Rahmen Ihrer vorhandenen Kapazität bleiben, stimulieren kein Muskelwachstum. Den Satz regelmäßig vor Einsetzen des momentanen Muskelversagens abzubrechen, nur weil eine bestimmte Wiederholungsanzahl absolviert wurde, stimuliert kein Muskelwachstum.

Die wichtigste Voraussetzung zur Verbesserung von Kraft und Masse ist die, den Satz bis an jenen Punkt zu führen, wo Sie 100 Prozent Ihrer momentanen Muskelkapazität aufwenden müssen, um die letzte Wiederholung zu schaffen. Den Punkt momentanen Muskelversagens, an dem Sie partout keine weitere Wiederholung mehr hinbekommen – egal, wie sehr sich schinden -, nennt man auch den „Breakover“-Punkt. Wer unter diesem Punkt bleibt, braucht sich keine Hoffnungen auf ein Muskelwachstum zu machen. (Selbst Kritiker des Hochintensitätstrainings räumen ein, daß die letzte Wiederholung eines Versagenssatzes die produktivste ist, womit sie, wenn auch unbewußt, das erste Prinzip der Theorie begriffen hätten.)

Einige haben die intelligente Frage aufgeworfen, ob es denn für die Wachstumsstimulation wirklich nötig sei, bis zum Versagenspunkt zu trainieren, wo 100 Prozent Intensität zum Bewältigen der letzten Wiederholung notwendig sind. Mit anderen Worten: Wären nicht vielleicht auch 67, 85 oder 92 Prozent Intensität ausreichend? Das Problem hierbei liegt in der Schwierigkeit, Intensität zu messen. Die Tatsache, daß sich nur zwei Eckwerte für Intensität – 0 Prozent, was identisch ist mit einem Zustand kompletter Ruhe, und 100 Prozent als Synonym für maximale Anstrengung – präzise bestimmen lassen, ist der Grund, weshalb ein Trainieren bis zum Versagenspunkt unverzichtbar ist. Nur wenn Sie 100 Prozent Intensität aufbringen, ist gewährleistet, daß Sie den Breakover-Point – wo immer dieser liegen mag – überschreiten und mit einem Muskelwachstum rechnen können.

Die spezifische Physiologie des Menschen diktiert, wie ein Trainingsreiz beschaffen sein muß, um eine gewünschte Wirkung, z.B. eine optimale Zunahme von Kraft und Muskelmasse, hervorzurufen. Die primäre kausale Determinante ist ohne jeden Zweifel die Auferlegung einer hochintensiven Trainingsbelastung. Trotzdem ist die hochintensive Belastung allein nicht ausreichend zur Stimulation optimaler Zuwächse. Es gibt eine sehr wichtige physiologische Determinante, die es zu beachten gilt und die bisher von Bodybuilding-Establishment, Trainingswissenschaft und Ihnen ignoriert wurde. Sie ist der Grund, warum Sie Ihr Ziel mit der blinden, unsinnigen Volumenmethode verfehlt haben.

Nächstes Mal erkläre ich, warum Sie bei der Dosierung von Trainingsvolumen und -häufigkeit von Hochintensitätsprogrammen nicht nur vorsichtig, sondern übervorsichtig vorgehen müssen.
Wer keine Ahnung von den fundamentalen Trainingsprinzipien hat, für den wird es sehr schwer sein, seine Bodybuildingziele zu verwirklichen. Emotional getrieben statt konzeptionell geleitet, scheinen diese Leute der seltsamen Meinung zu sein, ihr reines Verlangen, ans Ziel zu kommen, würde für den Erfolg ausreichen. Ohne sich viele Gedanken zu machen, verfallen sie auf die Idee, daß mehr besser sei. Ihre Einstellung klingt ungefähr so: „Ich möchte so dringend große Muskeln aufbauen, daß ich, wenn ich beharrlich bleibe und jeden Tag Stunden im Studio verbringe, mein Vorhaben bestimmt irgendwann realisiere.“ Alles, was ihnen bisher in der Bodybuilding-Szene zu Ohren kam, scheint diese These zu bestätigen. Nun, ich habe Neuigkeiten: Sie liegen vollkommen – mitleiderregend – falsch!

Genauso wenig wie der Wunsch, die Hoffnung oder selbst das leidenschaftliche Verlangen nach großen Muskeln für eine Steigerung der Muskelmasse ausreicht, genügt das blinde Beherzigen einer falschen Trainingstheorie. Letzten Monat konstatierte ich, daß die physiologische Beschaffenheit des Menschen ein hochintensives Trainingsprogramm als erste, dringlichste Voraussetzung postuliert, aber das allein genügt noch nicht zur Herbeiführung der gewünschten Resultate. Das stark begrenzte Regenerationspotential des menschlichen Körpers diktiert eine genaue Regulierung der Trainingsbelastung, was Volumen und Häufigkeit betrifft.

Wir besitzen kein unerschöpfliches Potential zur Verkraftung der durch intensives physisches Training hervorgerufenen Belastungen. Nichts in diesem Universum ist unbegrenzt – die biochemischen Reserven, die unsere Regenerationskapazität ausmachen, bilden da keine Ausnahme. Diese Tatsache veranlaßte Arthur Jones zu der Aussage: „Es ist nur vernünftig, mit dem, was in begrenztem Umfang vorhanden ist, so sparsam wie möglich umzugehen.“

Kaum jemand würde bestreiten, daß hochintensives Training eine notwendige Voraussetzung für Muskelwachstum ist. Was den meisten Leuten Mühe bereitet, diese Tatsache voll und ganz zu akzeptieren, ist ihr Versagen, die Bedeutung der im vorangegangenen Paragraphen genannten Wahrheiten anzuerkennen. Nachdem das Prinzip der Intensität verstanden wurde, muß man das Konzept der begrenzten Regenerationskapazität als nächstes Schlüsselelement in der logisch verknüpften physiologischen und trainingswissenschaftlichen Hierarchie begreifen. Nur wenn man weiß, daß der Körper über begrenzte Regenerationsfähigkeiten verfügt, kann man verstehen, warum Trainingsvolumen und -häufigkeit sorgfältig reguliert werden müssen. Ich bin mir bewußt, daß dieser Zusammenhang nie die volle Aufmerksamkeit fand, die er verdient, was der Grund ist, weshalb so viele chronisch und auf grobe Weise übertrainieren – und eben deshalb ihre Bodybuildingziele nicht verwirklichen. (Wann haben Sie zum letzten Mal den Begriff Regenerationskapazität durch das Bodybuilding-Establishment verwendet gesehen? Wie ich in meinem Büchern und Artikeln vielfach aufzeigte, ist der konzeptionelle Horizont dieser Leute äußerst beschränkt.)

Der Fakt der stark begrenzten Regenerationskapazität hat eine logische Konsequenz: Das Volumen oder die Anzahl der Sätze, ob ein Satz oder 100, ist ein Negativfaktor – negativ mit großem N. Mit anderen Worten: Die Anzahl der in einem Training ausgeführten Sätze ist ein Negativfaktor, weil jeder Satz die Regenerationskapazität stärker aushöhlt. Mit jedem neuen Satz verbraucht der Körper mehr seiner limitierten biochemischen Resourcen in dem Versuch, sich von der durch das Training verkörperten Belastung zu erholen bzw. diese zu kompensieren. Die Folge ist, daß weniger Reserven für die Überkompensation – sprich: das Muskelwachstum – übrigbleiben.

Was das Verb aushöhlen betrifft, so hilft es, sich hier ein Loch zu denken, das in die limitierte Regenerationskapazität des Körpers gegraben wird. Ein Satz gräbt eine relative kleine Vertiefung in diese Reserven. Mit dem zweiten Satz wird das Loch schon tiefer, mit dem dritten noch tiefer usw. Das ist, was man sich unter einem Negativfaktor vorzustellen hat, denn je tiefer das Loch, umso mehr Resourcen des Körpers werden für die Erholung benutzt – oder verschwendet! -, also für die Auffüllung des Lochs, wodurch sehr viel weniger für den Aufbau des Berges oben auf dem Loch, den Muskelaufbau, zur Verfügung steht.

Natürlich muß mindestens ein Satz ausgeführt werden, um von einer Trainingseinheit sprechen zu können. Ideal wäre es, könnte man mit null Sätzen ein Wachstum stimulieren. Dann würden keinerlei Resourcen für die Auffüllung des Lochs vergeudet, alles würde in den Aufbau des Berges fließen – und Sie würden schneller wachsen, als es Ihre Vorstellungskraft für möglicht hält.

Sie sehen also, wie wichtig das Thema Regenerationskapazität ist. (Es sollte einer der zwei wichtigsten Punkte der Trainingswissenschaft sein, wird aber von den sogenannten Experten komplett ignoriert. In der letzten Ausgabe von Flex behauptet einer von Joe Weider´s Top-Champs, pro Training 35 bis 45 Sätze auszuführen – was den Tatbestand groben Übertrainings erfüllt, der allerdings durch Drogen abgemindert wird. In Anbetracht dessen finde ich es hochinteressant, daß das Trainingswissenschaft-Establishment nun nahelegt, alle Bodybuilder – einschließlich die natürlichen, die keine Steroide verwenden – sollten 60 Sätze pro Training machen!)

Gelegentlich fragen mich Kunden am Telefon: „Würde es schaden, wenn ich einen zweiten Satz machte?“ Darauf erwidere ich regelmäßig, ein zweiter Satz sei weder notwendig noch wünschenswert. Da die Wachstumsmechanismen aktiviert wurden, indem der erste Satz zum Versagen geführt wurde, ist es überflüssig, das ein zweites Mal zu tun. Mir wurde vor kurzem klar, daß der Wechsel von einem auf zwei Sätze nicht nur unwünschenswert, sondern der schlimmste Fehler von allen wäre. Denn er würde eine Steigerung des Trainingsvolumens um glatte 100 Prozent bedeuten, und wie wir inzwischen wissen, ist das Volumen ein Negativfaktor.

Trainingshäufigkeit

Der häufigste Grund, weshalb mit Volumen trainierende Bodybuilder keine signifikanten Fortschritte erzielen, ist Übertraining. (Wenn Sie meinen, ich würde übertreiben oder diesen Punkt zu oft in meinen Artikeln erwähnen, haben Sie Unrecht. In Anbetracht dessen, daß es sich um den Hauptgrund für mangelnde Fortschritte handelt, wegen dem viele Bodybuilder ihre Ziele nicht erreichen und den das Bodybuilding-Establishment, zusammen mit dem Trainingswissenschaft-Establishment, bewußt unter den Tisch fallen läßt, erwähne ich ihn sogar nicht oft genug. Ich finde es merkwürdig, daß die große Mehrheit der Bodybuilder, voll wissend, daß Übertraining negativ ist, sich niemals eingehend mit der Problematik befaßt. Der Versuch, Übertraining positiv zu sehen, muß zwangsläufig scheitern. Per definitionem meint Übertraining die Ausführung von mehr Training – bezogen auf Volumen und/oder Häufigkeit – als für die Stimulation von Muskelwachstum notwendig ist.

Die Mehrheit der Bodybuilder scheint heutzutage immer noch zu glauben, der Grund, weshalb sie ins Studio gehen, sei der, zu sehen, wieviele Sätze sie machen, wieviel sie verkraften oder wie lange sie durchhalten können. Das ist falsch, weil Bodybuilding keine aerobe Aktivität ist. Begreift Ihr nicht, hochverehrte Leser, das war Euer ärgstes Mißverständnis: Ein Bodybuilding-Training ist kein Ausdauerwettbewerb!

Ziel ist stattdessen, auf intelligente Weise das zu tun, was die Natur zur Aktivierung der Wachstumsmechanismen verlangt, dann das Studio zu verlassen, nach Hause zu gehen, sich auszuruhen und die Muskeln wachsen zu lassen! Viele Bodybuilder verstehen offenbar nicht, daß das große Bild aus zwei gleichwertigen Elementen besteht. Gleichwertig heißt 50-50, nicht 60-40 oder 70-30. Das erste Element ist natürlich das Training selbst; das zweite, ebenso wichtige ist die Ruheperiode zwischen zwei Trainingseinheiten.

Der Grund ist der, daß das Training kein Muskelwachstum auslöst, sondern nur die körpereigenen Wachstumsmechanismen aktiviert. Der Körper selbst erzeugt das Wachstum, aber nur sofern er in Ruhe gelassen wird, genügend Zeit zur Erholung bekommt. Wer sich zwischen Trainingseinheiten nur ungenügend ausruht, wächst nur ungenügend – wenn überhaupt.

Der Knackpunkt bei dieser Problematik: Wie kann man mit hinreichender Sicherheit wissen, exakt wieviel Zeit man zum Ausruhen zwischen zwei Trainingseinheiten braucht? Folgende Ausführungen helfen bei der Klärung dieser Frage:

Nachdem Sie Ihr Training beendet haben, fühlen Sie sich anders als zu Beginn, nicht wahr? Sie fühlen sich müde und erschöpft. Erschöpft auch im technischen Sinne, da eine gehörige Menge Ihrer Regenerationskapazität aufgebraucht wurde, um die Energie für Ihr Training zu liefern. Oder um bei unserer Metapher zu bleiben: Sie haben ein Loch gegraben. Das Erste, was Ihr Körper nach dem Training tun muß, ist also nicht, sich um den Berg oben auf dem Loch – den Aufbau von Muskelmasse – zu kümmern, sondern das Loch aufzufüllen, sich zu erholen. Nun ist aber diese Regeneration nicht gleich im Anschluß – wusch!! – wie von Zauberhand komplett. Im Gegenteil: Der Regenerationsprozeß kann sich mehrere Tage oder länger hinziehen, bevor der Körper überhaupt die Möglichkeit hat, sich um den Berg zu kümmern. Wer wieder trainiert, bevor seine Regeneration komplett abgeschlossen ist, durchkreuzt damit den Wachstumsprozeß.

Lassen Sie mich das wiederholen: Der Regenerationsprozeß allein kann mehrere Tage in Anspruch nehmen.

Verwirrung hinsichtlich der zulässigen Trainingshäufigkeit stiftet vor allem die mangelnde Einsicht von Bodybuildern, daß Training nicht nur einen lokal begrenzten Effekt auf den trainierten Muskel hat, sondern darüber hinaus auch einen systemen Effekt auf den ganzen Körper ausübt. Um ein Beispiel zu nennen: Jeder Bodybuilder kennt das Gefühl, ein tolles Beintraining hinter sich zu haben, und am Montag, nachdem er sich das ganze Wochenende ausgeruht hat, immer noch erschöpft zu sein. Die Beine haben sich mehr oder weniger erholt, aber man spürt eine generelle – systemische – Müdigkeit. Aus diesem Grund muß die Ruheperiode zwischen Trainingseinheiten lange genug sein, um die relativ schnell eintretende lokale Regeneration und die wesentlich länger dauernde systemische Regeneration zu gewährleisten.

Sobald man kapiert hat, daß die Ruhe zwischen den Trainingseinheiten genauso wichtig ist wie das Training selbst, kann die Überlegung folgen, welche Anzahl an Ruhetagen optimal wäre. Ich bin durch meine reiche Erfahrung als Trainer zu dem Schluß gekommen, daß eine Trainingseinheit alle vier bis sieben Tage für das Gros der Trainierenden das perfekte Maß ist.

Und nein: Nach 96 Stunden Pause tritt keine Muskelatrophie oder Dekompensation ein! Vor einer Weile fragte ich zahlreiche Bodybuilder: „Habt Ihr nicht gemerkt, daß Ihr nach einer Pause von ein oder zwei Wochen stärker ins Studio zurückkehrt?“ Sie meinten, ja, das sei ihnen aufgefallen. Diese Erfahrung haben Sie vermutlich schon selbst gemacht. Nun, die Tatsache, nach einer längeren Pause stärker zurückzukommen, schließt eine Dekompensation aus; im Gegenteil: Das Plus an Kraft spricht für eine Überkompensation. Machen Sie sich also keine Sorgen! Wenn nach ein bis zwei Wochen keine Atrophie einsetzt, müssen Sie diese nach nur vier bis sieben Tagen erst recht nicht befürchten.

Dies war nicht als erschöpfende Abhandlung zum Thema Bodybuilding-Wissenschaft gedacht; vielmehr schwebte mir eine umfassende, generelle Diskussion fundamentaler Trainingsprinzipien vor, die unumgänglich ist, wenn Sie Ihre Verwirrung gegen eine logische Perspektive zum Thema produktives Bodybuilding-Training eintauschen wollen. Wenn Sie seinen Inhalt nicht auf Anhieb verstehen, lesen Sie den Artikel ein zweites Mal durch. Neue Begriffe oder Konzepte können Sie nachschlagen und mit anderen verwandten Thesen, die Sie bereits kennen und verstehen, in einen gemeinsamen Kontext stellen. Und ehe Sie es sich versehen, geht Ihnen ein großes Licht auf, und Sie werden als rationell trainierender, von Prinzipien geleiteter Bodybuilder Erfolge realisieren, die Sie sich in Ihren kühnsten Träumen nicht zu erhoffen wagten.

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